Breitband als Treiber für wirtschaftliches Wachstum
Lange Zeit kam die Einführung von KI-Technologien in Deutschland eher langsam voran. Jetzt nimmt das Thema in den Unternehmen Fahrt auf, denn das wirtschaftliche Potenzial ist betr?chtlich. Voraussetzung für den Erfolg ist eine fl?chendeckende, leistungsstarke IKT-Infrastruktur.
Die Sonne steht tief und taucht die Stra?e in grelles Licht. Dank des , einer transparenten digitalen Sonnenblende von Bosch, haftet der Blick des Autofahrers sicher auf der Fahrbahn. Ein durchsichtiges LCD-Display, das mit einer Insassenbeobachtungskamera verbunden ist, erkennt die Position seiner Augen. Anhand intelligenter Algorithmen wertet die virtuelle Sonnenblende diese Informationen aus und verdunkelt auf dem Display exakt das Areal, in dem die Sonne den Fahrer blenden würde. Der Virtual Visor, mit dem Bosch auf der CES 2020 in Las Vegas den CES? Best of Innovation Award gewann, ist nur ein Beispiel für die KI-Aktivit?ten des Unternehmens.
Ein anderes umkreist die Erde in einer H?he von 408 Kilometern. Das Sensorsystem SoundSee, das Ende 2019 ins All geschickt wurde, filtert in der Raumstation ISS ungew?hnliche Ger?usche heraus, analysiert diese mithilfe von KI-Algorithmen und signalisiert, wann eine Wartung erforderlich ist. Ein au?ergew?hnliches Predictive-Maintenance-Projekt, das exemplarisch für die vielf?ltigen Einsatzm?glichkeiten der vorausschauenden Wartung mit KI-Unterstützung steht. Gleichzeitig symbolisiert es die Transformation, in der sich der Konzern befindet. J?hrliche Investitionen von 3,7 Milliarden Euro, ein Schulungsprogramm für 20.000 Mitarbeiter in den n?chsten beiden Jahren und ein eigener KI-Kodex sollen den weltgr??ten Automobilzulieferer im Bereich der Künstlichen Intelligenz zum Innovationsführer machen.
Machine und Deep Learning
Auch andere deutsche Unternehmen und Institutionen entwickeln KI-L?sungen. Bei der Otto Group zum Beispiel kommen KI-Systeme im Bereich der Sprachassistenten, der Entwicklung intelligenter Chatbots, im Forderungsmanagement, im Marketing und bei der Gr??enberatung zum Einsatz. Die erkennen alte und neue Fahrbahnmarkierungen, die sich überlagern, Warnbaken, Leitkegel und sich verengende Spuren – typische Merkmale von Stra?enbaustellen. Im Zusammenspiel mit Navigationsger?t und Bordcomputer in Fahrzeugen, die mit entsprechenden Assistenzsystemen ausgerüstet sind, k?nnen Autobahnausfahrten in Zukunft also auch dann korrekt angesagt werden, wenn sie wegen Bauarbeiten abge?ndert wurden.
Gro?e Potenziale, besonders für Handel und Konsum
KI-Technologien lassen sich nicht nur für nahezu unbeschr?nkte Zwecke einsetzen. Sie bieten auch ein immenses wirtschaftliches Potenzial, wie die ?Künstliche Intelligenz: Potenzial und nachhaltige Ver?nderung der Wirtschaft in Deutschland” von eco – Verband der Internetwirtschaft e.V. und der Unternehmensberatung Arthur D. Little aufzeigt. Demnach wird das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland durch KI bis 2025 um mehr als 13 Prozent wachsen, sofern man die Werte von 2019 als Ma?stab nimmt. Voraussetzung: Die Unternehmen handeln kurzfristig und setzen KI fl?chendeckend ein. In diesem Fall prognostizieren die Analysten ein wirtschaftliches Potenzial von 488 Milliarden Euro. Eine Summe, die sich aus Kosteneinsparungen in H?he von 335 Milliarden Euro und einem Umsatzpotenzial von 153 Milliarden Euro zusammensetzt. Die Branchen Handel und Konsum sowie Energie, Umwelt und Chemie profitieren laut Studie am meisten. Besonders gro?e Chancen sehen Experten für die Industrie 4.0: So lassen sich durch die KI-unterstützte Produktion Kosten in einer Gr??enordnung von 182,5 Milliarden Euro einsparen. Das erfordert hohe Datenqualit?t, schnelles Breitband, kontinuierlich verfügbare Rechen- und Speicherleistung sowie Kompetenz in Data Science. Bis 2025 beziffern die Autoren der Studie die dafür n?tigen Investitionen auf 70 bis 80 Milliarden Euro. Ein staatlicher Techfonds, mehr Risikokapital und Geld für Bildung und Forschung sollen helfen, diese Summe aufzubringen.
KI nimmt in Deutschland an Fahrt auf
In manchen Bereichen sind deutsche Unternehmen bereits Vorreiter beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Laut einer des Capgemini Research Institute haben bereits 69 Prozent der deutschen Fertigungsunternehmen mindestens einen KI-Anwendungsfall im Einsatz. Damit liegt Deutschland in diesem Bereich weltweit an der Spitze. Produktionsunternehmen aus den USA kommen in diesem Bereich beispielsweise nur auf einen Anteil von 28 Prozent. In anderen Branchen gibt es noch Nachholbedarf. Verlief die Einführung von Künstlicher Intelligenz lange Zeit eher gem?chlich, ist KI in deutschen Unternehmen mittlerweile jedoch deutlich auf dem Vormarsch. Einer aktuellen von IBM zufolge hat ein Drittel der deutschen Unternehmen bereits KI-L?sungen implementiert, weitere 37 Prozent evaluieren zurzeit die M?glichkeiten dafür.
Schlüsselkriterium Breitbandausbau
Um diesen Weg erfolgreich weiter zu beschreiten, ben?tigen deutsche Unternehmen eine geeignete und zeitgem??e IKT-Infrastruktur, die im gesamten Bundesgebiet verfügbar ist. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) erkl?rte die fl?chendeckende Verfügbarkeit von gigabitf?higer Infrastruktur folgerichtig zur ?übergreifenden Zielsetzung“. So sollen zus?tzlich zum privatwirtschaftlichen Netzausbau für den fl?chendeckenden Gigabitausbau sowie zur Anbindung von Schulen, Krankenh?usern und Gewerbegebieten in wirtschaftlich schwer erschlie?baren Ausbaugebieten erhebliche F?rdermittel bereitgestellt werden. Die Bundesregierung will Deutschland ?an die Weltspitze im Bereich der digitalen Infrastruktur“ bringen, dieses Ziel ist auch im Koalitionsvertrag formuliert. Mit einem ausschlie?lich für Glasfaserprojekte vorgesehenen F?rderprogramm in H?he von zw?lf Milliarden Euro soll der Ausbau zügig vorangehen.
Glasfaseranschluss erst bei einem Fünftel der Unternehmen
Bislang rangiert Deutschland mit einem Wert von nur drei Prozent beim Glasfaseranschluss bis nach Hause europaweit auf dem vorletzten Platz. Im europ?ischen Vergleich liegt Deutschland digital im Mittelfeld. Der der listet die Bundesrepublik auf Platz 14 von 28. Vor allem in der Kategorie Glasfaser ist das Ergebnis verbesserungswürdig. Auch wenn 21 Prozent der deutschen Unternehmen über Glasfaseranschlüsse verfügen und darüber hinaus Kabel- und DSL-Technologie für Breitbandzug?nge genutzt wird, sind optimierte übertragungsl?sungen unverzichtbar. Nur dadurch k?nnen die von der KI nutzbaren Reaktionsgeschwindigkeiten erh?ht und Engp?sse aufgrund des steigenden Datenaufkommens vermieden werden. Unzureichender Breitbandausbau verhindert, dass sich Maschinen vernetzen lassen. Zudem sind die M?glichkeiten begrenzt, wirklich gro?e Datenmengen aus der Produktion für die Entwicklung von KI zu nutzen.
Experten: Schub bei Vernetzung von Maschinen durch 5G
Bei der Vernetzung von Maschinen erwarten Forscher des Fraunhofer- Instituts (FOKUS) den gr??ten Innovationsschub durch den neuen Mobilfunkstandard 5G. Denn der 5G-Standard betrifft nicht nur das Handynetz. Es handelt sich um eine umfassende Infrastruktur, die den Mobilfunk mit Glasfaserzugangsnetzen, WLAN und anderen Internetkomponenten verbindet. Firmen, zum Beispiel aus den Branchen Fertigung, Energie, Logistik und Automobilbau, k?nnten im Rahmen des 5G-Ausbaus leistungsf?hige und sichere Campusnetzwerke für den Einsatz von KI einrichten.
Weniger Bürokratie
Um den Breitbandausbau in Deutschland entscheidend voranzubringen, fordern viele Experten einen Abbau von Bürokratie. Als leuchtendes Vorbild für den Glasfasernetzausbau gilt Südkorea. Dort ist auch der neue 5G-Mobilfunkstandard bereits weit verbreitet. Allerdings hinkt der Vergleich mit Deutschland. Denn w?hrend in Südkorea Glasfaserleitungen problemlos oberirdisch verlegt werden durften, ist dies hierzulande nicht erlaubt. Die Bewilligung von Baugenehmigungen für die ben?tigte Infrastruktur – Antennenstandorte und Transportnetze – dauert in Deutschland deutlich l?nger als in anderen EU-L?ndern. Netzbetreiber und Gesetzgeber sind sich einig – egal, ob Mobilfunk oder Glasfaser: Die Genehmigungsverfahren für den Ausbau müssen beschleunigt werden. Im Frühjahr 2020 kamen L?nder, Kommunen und Netzbetreiber auch zu diesem Thema im BMVI zusammen.