Interview
Mobilit?tsforscher von Saldern: ?Der Wirtschaft fehlt Handlungsdruck.“
Zukunftsforscher setzt sich beim K?lner Beratungsunternehmen Z_punkt mit Fragestellungen des Technologie- und Innovationsmanagements auseinander. Sein Schwerpunkt: die Zukunft der Mobilit?t.
Was erwartet uns in Sachen Mobilit?t?
Mobilit?t, sowohl mit Blick auf Personen als auch auf Güter, steht derzeit an den Anf?ngen eines tief greifenden Wandels, und das mit Blick auf drei wesentliche Bereiche. So findet beim Antrieb, im Zuge des Klimawandels und bei der Luftverschmutzung durch das Verbrennen fossiler Energietr?ger langsam eine Abkehr von Benzin und Diesel statt. Der Weg geht in Richtung Elektromobilit?t– erst einmal batteriebetrieben, langfristig allerdings auch Richtung Wasserstoff und Brennstoffzelle. Der Gro?teil der Entscheider der gro?en OEMs erachtet Wasserstoff und Brennstoffzellen als die wesentliche Zukunftstechnologie. In den kommenden Jahren wird es so sein, dass immer mehr Hersteller E-Autos mit Batterie auf den Markt bringen und an Autobahnen wie auch in St?dten ein Ausbau der Ladeinfrastrukturen erfolgt. Die Fahrzeuge werden dabei immer günstiger dank Fortschritten im Bereich der Batterietechnologie. Bis 2030 wird es aber ebenfalls zu Durchbrüchen bei der regenerativen Erzeugung von Wasserstoff kommen und auch bei Brennstoffzellen ist mit Preisrückg?ngen zu rechnen. Dann k?nnen hohe Reichweiten bei theoretisch null Emissionen erreicht werden.
Zum Zweiten gewinnen in St?dten sowohl Mobilit?tsdienstleistungen an Beliebtheit als auch die Nutzung digitaler Plattformen, die verschiedene Verkehrstr?ger effektiv miteinander verknüpfen, Stichwort multi-modales Verkehrsverhalten. Dahinter steckt das zunehmende Bedürfnis nach mehr Flexibilit?t sowie Zeit-, Budget- und Ressourceneffizienz. Das eigene Auto ist gerade in dicht besiedelten St?dten mit limitiertem Parkraum eine steigende Belastung für viele Menschen. Je nach Reiseanlass werden dann verschiedene Verkehrstr?ger wie Fahrrad, Sharing-Fahrzeug, Bus oder Bahn für eine bestimmte Route kombiniert und genutzt.
Drittens werden immer mehr Fahrzeuge in den kommenden Jahren über autonome und teilautonome Fahrfunktionen verfügen, und das nicht nur in der Ober- und Luxusklasse. Allerdings wird es noch etwas dauern, bis man sich wirklich entspannt zurücklehnen oder sogar schlafen kann. Auch in den n?chsten Jahren wird man auf absehbare Zeit noch mindestens eine Hand am Lenkrad haben müssen, um jederzeit selbst eingreifen zu k?nnen.
Wie wird die Vernetzung des Verkehrs in 20 Jahren aussehen?
Das h?ngt ma?geblich von der Standardisierung von Kommunikations- und Datenübertragungstechnologien ab. Es gibt derzeit unterschiedliche Konsortien, die an verschiedenen Vernetzungsstandards für Fahrzeuge und Infrastrukturen arbeiten. Sinnvoll ist das Ganze allerdings nur, wenn auch wirklich alle Fahrzeuge herstellerunabh?ngig miteinander kommunizieren k?nnen. Das Gleiche gilt für die Kommunikation mit Infrastrukturen wie etwa Ampeln oder Verkehrsleitsystemen. Insgesamt wird die Vernetzung in den kommenden Jahren zunehmen und es wird in irgendeiner Weise zu einer Harmonisierung, sprich Standardisierung kommen, zur Not über Gateways, die eine Kommunikation verschiedener Fahrzeuge und Infrastrukturen mit unterschiedlichen Technologien durch eine übersetzung der Daten erm?glichen.
Welchen Einfluss hat die vernetzte Mobilit?t auf alternative Mobilit?tsformen?
Die vernetzte Mobilit?t ist ein wichtiger Enabler für alternative Mobilit?tsformen und tr?gt somit auch insgesamt zur Erh?hung deren Akzeptanz bei. Reiserouten lassen sich dadurch viel besser planen und organisieren. Ein Blick auf die App oder ins Navigationssystem informiert über den aktuellen Standort von Fahrzeugen in Echtzeit und erm?glicht dadurch, verschiedene Verkehrstr?ger nahtlos in einer durchg?ngigen Mobilit?tskette miteinander zu kombinieren. Hinsichtlich batteriebetriebener Elektromobilit?t kann Vernetzung auch die nach wie vor weitverbreitete Reichweitenangst reduzieren. Denn über die Vernetzung ist jederzeit ersichtlich, wo sich Lades?ulen befinden und ob sie frei sind.
Mit welchen Herausforderungen hat die vernetzte Mobilit?t in Deutschland zu k?mpfen?
Politisch gesehen, spielen Investitionskosten sowie ein l?nder- und st?dteübergreifender Ansatz für den fl?chendeckenden Ausbau von Kommunikations- und Sensornetzwerken eine bedeutende Rolle. Aus Sicht der Wirtschaft fehlt ein Handlungsdruck. Hier müssen regulatorische Anreize geschaffen werden, damit die Hersteller mehr investieren und auch wagen, wie zum Beispiel bei der Begrenzung von CO2-Emis-sionen für Neufahrzeuge. Gesellschaftlich ist für viele der direkte Nutzen nicht erkennbar. -Gerade in Deutschland stehen die Menschen Technologien, die ihnen Fahrt?tigkeiten abnehmen und zudem auf der Auswertung von Daten basieren, eher skeptisch gegenüber.
Welchen Einfluss auf den Wirtschaftsstandort Deutschland h?tte vernetzte Mobilit?t, wenn alle Hindernisse ausger?umt w?ren?
Mit dem starken Automobilsektor, OEMs und Zulieferern befindet sich Deutschland – zumindest theoretisch – in einer au?ergew?hnlich guten Situation. Die Konkurrenz von neuen, branchenfremden Playern, etwa aus der IT-Branche, ist sehr gro?. Diese üben eine hohe Anziehungskraft auf IT- und Softwarespezialisten aus, die künftig nicht nur im Bereich Mobilit?t gefragt sein werden. Hier müssen die deutschen Unternehmen schauen, wie sie sich für IT-Spezialisten interessant machen, um überhaupt in der Lage zu sein, künftig wirklich gute L?sungen rund um das Thema vernetzte Mobilit?t und autonomes Fahren zu entwickeln.
Insgesamt hat das Thema vernetzte Mobilit?t einen positiven Einfluss auf die Wirtschaft. In optimierten Verkehrsflüssen k?nnen Waren erheblich schneller an ihre Ziele gelangen und kostspielign Verz?gerungen, zum Beispiel bei Produktionsprozessen, geh?ren der Vergangenheit an. Zudem hat die Verringerung von Staus grunds?tzlich einen positiven Effekt auf das BIP. So entstehen j?hrlich durch Staus mehr als zwei Prozent Verlust. Das Centre for Economics and Business Research
Wie kann es Deutschland gelingen, auch in diesem Bereich zum Leitmarkt zu werden?
Hier sind vor allem enge Kooperationen zwischen unterschiedlichen Akteuren wie OEMs, Zulieferern und St?dten notwendig, um gemeinsam L?sungen zu -entwickeln und Reibungsverluste zu vermeiden. Connected Mobility hei?t, das Blick- und Handlungsfeld zu erweitern, in der Regel über Branchengrenzen hinweg. Die Entwicklung des Themas ist l?ngst nicht mehr nur von technologischen Fortschritten abh?ngig, sondern auch von politischen Programmen, F?rder- und Investitionsbudgets und der Wettbewerbssituation.
Welche technologischen Trends pr?gen die Mobilit?t der Zukunft?
Ganz wesentlich sind hierbei Sensortechnologien mit deren Hilfe Fahrzeuge permanent ihr Umfeld abscannen k?nnen. Dann spielen auch Kommunikations- und Datenübertragungstechnologien eine gro?e Rolle. Fahrzeuge k?nnen somit Informationen über Geschehnisse in ihrer direkten Umgebung an alle anderen Fahrzeuge weitergeben. 5G nimmt hierbei zweifellos einen bedeutenden Platz ein. Hersteller wie Daimler, Audi und BMW untersuchen mit Unternehmen wie Intel und Huawei gegenw?rtig die Potenziale von 5G beim vernetzten Fahren. 5G wird bis 2020 kommen und zeichnet sich durch drei Charakteristika aus, denen beim vernetzten Fah-ren eine Schlüsselfunktion zukommt: extrem hohe Bandbreite, geringe Latenz und hohe Zuverl?ssigkeit. Zudem sind mit den Sendemasten auch bereits die notwendigen Infrastrukturen geschaffen.
Letzte Frage: Wann bekommen wir das fliegende Auto?
In Dubai sollten ja bereits ab diesem Sommer bis Ende des Jahres erste fliegende Taxi-Drohnen getestet werden. Auf einen fl?chendeckenden Einsatz in Deutschland müssen wir allerdings noch warten. Vor 2040 wird sich da voraussichtlich nichts tun. Allein die Regulation von Drohnen, die keine Menschen transportieren, erweist sich als beh?big.