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AI
ARTIKEL AUS UNSEREM POLITIKBRIEF, AUSGABE 3 | 2020
Künstliche Intelligenz

Deutschland nimmt gro?en Einfluss auf den KI-Bereich

Prof. Dr. Kristian Kersting im Interview - Er leitet das Fachgebiet Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen an der TU Darmstadt. Der gebürtige Cuxhavener war Postdoktorand am MIT in den USA und wurde 2019 mit seinem ?Machine Learning Lab“-Team mit dem ?Deutschen KI-Preis“ ausgezeichnet.

Welche Potenziale hat KI?

Es gibt keinen Sektor, in dem KI keine Rolle spielt oder spielen wird. In der Landwirtschaft werden z.?B. Forschungen durchgeführt, wie die Weltern?hrung trotz immer kleiner werdender Anbaufl?chen und steigender Bev?lkerungszahlen gesichert werden kann. In der Pr?zisionsmedizin ist der Einsatz von KI noch prominenter. Gerade in Zeiten der Pandemie erkennen wir deutlich, wo die Vorteile der Partnerschaft zwischen Algorithmen und Experten vor Ort liegen k?nnen. KI ist also eine Querschnittstechnologie, die in jedem Bereich helfen kann. Ob man das m?chte, muss allerdings jedes Unternehmen oder die Gesellschaft selbst entscheiden.

Wo st??t KI auf Widerstand?

Zum Beispiel, ob Drohnen noch autonomer werden sollen. Ich glaube, dass viele Menschen das nicht wollten; ich auch nicht. Grunds?tzlich findet in Europa schon ein intensiver Austausch über ethische Richtlinien und Rahmenbedingungen statt. Ich denke nur, dass einige Kommissionen noch mehr Expertise für KI ben?tigen k?nnten. Ich glaube nicht, dass es so einfach ist, KI und deren aktuellen Entwicklungsstand zu verstehen. Viele stellen sich einen künstlichen Menschen vor, aber davon sind wir meilen- oder sogar jahrhunderteweit entfernt. In umgekehrter Form ben?tigen aber auch KI-Forscher mehr Know-how über ethische Aspekte. Zurzeit ist KI noch ein sehr elit?res Gebiet, deshalb ist Aufkl?rung auch in der Bev?lkerung wichtig. Wir haben z.?B. ein sehr anschauliches Buch geschrieben: ?Wie Maschinen lernen – Künstliche Intelligenz verst?ndlich erkl?rt.“

Welche Voraussetzungen müssen für den Einsatz von KI noch geschaffen werden?

Wir brauchen eine andere Denkweise in Europa. In den USA oder in China herrscht gegenüber KI eine positive Geistes- haltung. Hierzulande wird KI eingestuft wie ein Angriff auf die Menschheit, was natürlich von keinem Forscher angestrebt wird. Auch in Unternehmen muss man umdenken. KI hat nichts mit klassischem Maschinenbau zu tun, bei dem man zielorientiert die L?sung eines Problems anpeilt. KI funktioniert andersherum. Man baut ein System für viele Probleme. Das hei?t, man erhebt Daten und schaut dann, was damit alles gel?st werden kann. Im Hinblick auf die vielen tollen Projekte, die die Regierung f?rdert, glaube ich aber, dass wir diese andere Denkweise hinkriegen.

Wie relevant ist der 5G-Ausbau für KI?

Von intelligenten Computerprogrammen, also KI, wird immer behauptet, dass man für den Aufbau riesige Daten--mengen ben?tigen würde. Das ist in der Absolutheit falsch. Wir erkennen allerdings, dass man mit ausreichend Daten in vielen Bereichen schnell intelligente oder zumindest intelligentere Algorithmen aufbauen kann. Bei einem Gro?teil dieser Anwendungen ist 5G sehr wichtig, weil hier m?glichst in Echtzeit hohe Datenmengen von A nach B kommuniziert und erhoben werden müssen wie z.?B. im Verkehr oder in der Fertigung.

Wo steht Deutschland in der Entwicklung digitaler Innovationen?

Vor Kurzem wurde der KI-Index herausgegeben. Hier steht Deutschland auf Platz 5. Das ist ein gutes Ergebnis. Auch in vielen internationalen Firmen sitzen europ?ische und deutschst?mmige KI-Forscher oder auch Wissenschaftler, die in Deutschland studiert haben. Wir haben also einen extrem hohen Einfluss in diesem Bereich. Wir müssen nur versuchen, diese kreativen Personen in unserem Land zu halten. Ich denke, wir brauchen eine neue Partnerschaft zwischen Industrie, Universit?ten und au?eruniversit?ren Einrichtungen. Am MIT hat man den Austausch untereinander gepflegt und alle Seiten haben davon profitiert.

An welchen KI-Projekten arbeitet Ihr Institut aktuell?

Neben einigen landwirtschaftlichen Projekten starten wir z.?B. gemeinsam mit der Universit?t Freiburg, dem DFKI und anderen Partnern das KI-Leuchtturmprojekt SPAICER, das vom BMWI gef?rdert wird. Dabei geht es um resiliente Industrieproduktions- und Lieferketten, die auch in Krisenzeiten leistungsf?hig sind und anhand der Auswertung externer und eigener Daten selbstst?ndig Vorschl?ge machen k?nnen, wo Optimierungen m?glich w?ren. Bei einem weiteren Projekt geht es darum, sicherzustellen, dass ein mit bestimmten Daten trainierter Algorithmus nicht von jemandem leicht ver?ndert und als sein eigenes Modell ausgegeben wird. Wir gehen aber auch der Frage nach, wie Maschinen und Menschen koadaptiv trainieren k?nnen.

Welche Trends sehen Sie?

Ein Trend wird das Angebot von KI-Diensten von unterschiedlichen Anbietern sein, da sich viele Unternehmen nicht leisten k?nnen, eigene KI-Algorithmen zu entwickeln. Diese Algorithmen müssen allerdings miteinander funktionieren k?nnen. Wir brauchen daher eine System-KI.