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Apps gegen Angst, KI gegen Krebs

Augmented Reality, Virtual Reality und Künstliche Intelligenz schaffen neue M?glichkeiten für die Behandlung schwerer Krankheiten. Wie sich die Digitalisierung auf medizinische Therapien auswirkt.

Mit der U-Bahn ans andere Ende der Stadt fahren? Mit dem Auto eine Brücke überqueren? Das Flattern einer Fahne im Wind h?ren? Allein der Gedanke an eigentlich harmlose Situationen l?st bei manchen Menschen Panik aus. Müssen sie sich diesen Ereignissen tats?chlich aussetzen, fühlen sie sich oft wie gel?hmt, fangen an zu zittern, ihr Herzschlag rast. Rund zehn Millionen Menschen in Deutschland leiden laut Studien im Verlauf eines Jahres an solchen Angstst?rungen. Um im Alltag besser damit zurechtzukommen, empfiehlt sich h?ufig eine Psychotherapie – auf welche die Patienten aber oft lange warten müssen. Damit k?nnte bald Schluss sein. Denn seit Ende Januar 2020 bietet die Techniker Krankenkasse (TK) als erste Krankenversicherung in Deutschland eine neue Behandlungsmethode gegen Panikattacken: ?Invirto“, eine digitale Angsttherapie, entwickelt vom Hamburger Healthcare-Unternehmen .

Im Mittelpunkt der Therapie: eine App und eine VR-Brille, über die sich die Patienten mit den angstausl?senden Situationen konfrontieren k?nnen. Wann und wie oft sie die übungen und Schulungsmodule anwenden, entscheiden sie selbst. W?hrend der vierw?chigen Therapie werden sie von Psychotherapeuten des per Telemedizin begleitet. Anhand eines Fragenkatalogs überprüft die App regelm??ig die psychische Verfassung der Betroffenen.

Digitale L?sungen in der Medizin: so wichtig wie Penicillin

Per App und VR-Brillen gegen die Angst: So wie Sympatient und Techniker Krankenkasse setzen immer mehr Unternehmen, ?rzte und Krankenkassen auf digitale Anwendungen – ob mit Big-Data-Analysen oder Künstlicher Intelligenz, ob in der Diagnostik oder bei Therapien. Einer zufolge wird das Marktvolumen für digitale medizinische Produkte und Dienstleistungen in Deutschland bis 2025 auf rund 38 Milliarden Euro wachsen, in ganz Europa auf etwa 155 Milliarden Euro.

Die Gründe: Digitale L?sungen im Gesundheitswesen erh?hen die Verfügbarkeit und Effizienz von Therapien, steigern deren Wirksamkeit und er?ffnen neue M?glichkeiten bei Operationen oder in der Medikation. Bernhard Rohleder, Hauptgesch?ftsführer des Digitalverbands Bitkom, prognostizierte bereits vor einigen Jahren: ?Wie einst die Erfindung des Penicillins l?utet die Digitalisierung jetzt eine neue ?ra der Medizingeschichte ein. Sie wird vielen Menschen zu einem l?ngeren Leben mit einer h?heren Lebensqualit?t verhelfen.“

?Wie einst die Erfindung des Penicillins l?utet die Digitalisierung jetzt eine neue ?ra der Medizingeschichte ein: Sie wird vielen Menschen zu einem l?ngeren Leben mit einer h?heren Lebensqualit?t verhelfen.“
Bernhard Rohleder, Hauptgesch?ftsführer des Digitalverbands Bitkom

VR-Brillen in der Schmerztherapie

Mediziner des Universit?tsklinikums Heidelberg etwa nutzen VR-Brillen in der Schmerztherapie, zum Beispiel beim Versorgen offener Wunden. Um den Patienten das oft schmerzhafte Wechseln eines Verbands m?glichst angenehm zu machen, sehen sie w?hrenddessen über eine VR-Brille Naturaufnahmen. Sie lassen sich dabei so sehr ablenken, dass sie deutlich weniger Schmerz spüren – nicht nur w?hrend, sondern mitunter bis zu zwei Stunden nach der Prozedur. Und das v?llig ohne Medikamente.

Die Brillen, die von einem entwickelt wurden, befinden sich auch in anderen Kliniken und Anwendungsbereichen in der Erprobungsphase, beispielsweise bei schmerzhaften übungen in der Physiotherapie oder bei wochenlanger Isolation w?hrend einer Chemotherapie. Auch um Kindern die Angst vor MRT-Untersuchungen zu nehmen, werden getestet.

Digitale Hilfen im Kampf gegen Hautkrebs

Das Universit?tsklinikum Essen setzt ein – als bundesweit erste Klinik. Mussten die Operateure früher den Eingriff mithilfe trüber 2-D-Bilder auf einem wenig kontrastreichen Monitor vornehmen, projiziert das System nun medizinische Bildinformationen per AR-Brille direkt und dreidimensional auf die entsprechende K?rperstelle des Patienten. Vorteil: Der Operateur muss den Kopf nicht mehr vom Patienten abwenden und wei? genau, wo er eingreifen muss. Zudem kann er schon beim Verlassen des Operationssaals den Arztbericht in das System diktieren. Die Eindrücke von der Operation sind dadurch noch frisch, zudem verringert dies den administrativen Aufwand.

Forschungsprojekt: AR, VR und 3-D-Druck für Operationen

Ein Forschungsverbund unter der Leitung des Technologie-Zentrums Informatik und Informationstechnik (TZI) der Universit?t Bremen wiederum arbeitet daran, mithilfe einer Kombination aus AR, VR und 3-D-Druck Operationen besser planen und durchführen zu k?nnen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt das Vorhaben .

Aus Bilddaten berechnet das System dabei zuerst dreidimensionale Computermodelle der betroffenen Organe sowie des Bereichs, in dem operiert wird. So erhalten die ?rzte einen wesentlich realistischeren überblick und k?nnen sich w?hrend des Eingriffs besser orientieren. Darüber hinaus werden die Bilddaten für den 3-D-Druck analysiert und aufbereitet, um Organe wie Niere oder Leber als realit?tsnahes Modell anfertigen zu k?nnen.

Zum einen erm?glicht dies einen haptischen Eindruck des jeweiligen Organs. Zum anderen lassen sich die physischen Modelle mit der virtuellen Welt kombinieren. Vor der OP kann dann ein Arzt das physische Modell anhand von Gesten erkl?ren, w?hrend die anderen Beteiligten per VR-Brille die Gesten in Verbindung mit dem hochdetaillierten Computermodell sehen. Die 3-D-Drucke erleichtern zudem die Kommunikation mit den Patienten, weil hierdurch das Vorgehen bei der Operation deutlich anschaulicher erkl?rt werden kann.

W?hrend des Eingriffs bekommt der Operateur über eine AR-Anwendung zus?tzliche relevante Informationen im Sichtfeld einer Brille angezeigt. über eine Sprachsteuerung l?sst sich das System bedienen, ohne die H?nde zu benutzen. Gleichzeitig kann die Operation live in Virtual Reality dargestellt werden. So k?nnen über VR-Brillen Experten aus aller Welt hinzugezogen werden, ohne deren physische Anwesenheit zu erfordern. Tiefenkameras und Sensoren stellen dabei die Handbewegungen des ?rtzeteams und die Eingriffe am operierten Organ dar. Auf diesem Weg lie?e sich auch die Aus- und Fortbildung von ?rzten verbessern und effizienter gestalten.

KI und Big Data – eine Revolution in der Krebstherapie?

Digitale Technologien k?nnen jedoch nicht nur etablierte Therapien digitalisieren oder ?rzte bei Operationen unterstützen – sie bringen auch ganz neue Therapiem?glichkeiten hervor. Das Mainzer Biotechunternehmen zum Beispiel will mit einem Zusammenspiel von Genomsequenzierung, Künstlicher Intelligenz und Big Data in Zukunft die Krebstherapie revolutionieren.

Das Unternehmen entwickelt personalisierte Immuntherapien gegen Krebs. Anstatt die Tumordiagnostik auf einzelne Merkmale zu beschr?nken, ist BioNTech dank ?Next-Generation-Sequencing“ in der Lage, Milliarden genetischer Merkmale in der menschlichen Erbsubstanz zu analysieren sowie Ver?nderungen im Krebs zu erfassen. Firmengründer Ugur Sahin bezeichnet die Methode als ?genetisches Fahndungsfoto“, das dem k?rpereigenen Immunsystem unterstützt, Krebszellen zu erkennen und diese zu bek?mpfen.

Das Konzept überzeugt so sehr, dass namhafte Kooperationspartner und Investoren wie die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung sowie Pharmakonzerne wie Pfizer, Roche, Sanofi oder Eli Lilly riesige Summen in das Unternehmen investiert haben. Bei seinem Gang an die US-Technologieb?rse Nasdaq im Oktober 2019 generierte die Firma aus Mainz mehr als 1,4 Milliarden Euro. ?BioNTech“, kommentierte auch Investor Thomas Strüngmann in einem , ?k?nnte zum Amazon der Biotechbranche werden.“