Studie zur Wettbewerbsf?higkeit
Innovationsweltmeister Deutschland verspielt digitale Chancen
Singapur verdr?ngt die USA von der Spitze, Hong kong folgt auf Platz drei und Deutschland f?llt zurück auf Rang sieben. Eine Studie zur weltweiten Wettbewerbsf?higkeit zeigt: Um weiter an der Spitze mitspielen zu k?nnen, sind Breitbandausbau, Digitalisierung und schnelle 5G-Netze unerl?sslich.
Der vom Weltwirtschaftsforum (WEF) jüngst ver?ffentlichte zeichnet ein düsteres Bild weltweiter Produktivit?t und Wettbewerbsf?higkeit. So richtig in Fahrt kam zuletzt kaum eine Volkswirtschaft. Der letztj?hrige Spitzenreiter USA muss sich Singapur als wettbewerbsf?higster Wirtschaft geschlagen geben. Auf Platz drei folgt Hong kong, Deutschland rutscht auf Platz sieben, überholt von L?ndern wie Japan und den Niederlanden. Und egal, ob in Asien, Amerika oder Europa: Die Gründe für Stagnation oder Abschwung sind laut WEF-Studie stets die gleichen – schw?chelnde Arbeitsm?rkte, mangelnde Bildungspolitik und aufgeschobene Strukturreformen.
Die Nase vorn haben international demnach L?nder mit einem ganzheitlichen Ansatz für sozio?konomische Herausforderungen. Als Treiber gelten neben funktionierenden Arbeitsm?rkten und Finanzsystemen intakte Infrastrukturen, ein hoher Digitalisierungsgrad und nicht zuletzt Innovationsf?higkeit. Kurz: Wer seine Wettbewerbsf?higkeit steigern will, ist gut beraten, umfangreich in neue digitale Technologien zu investieren und digitale Gesch?ftsmodelle mit entsprechenden politischen Rahmenbedingungen voranzutreiben.
Breitbandausbau besitzt Priorit?t
Beim Thema Digitalisierung hinkt Deutschland allerdings hinterher. Ein überraschendes Ergebnis – liegt das Land der Dichter und Denker beim WEF-Ranking in Sachen Innovationsst?rke doch auf Platz eins. Dies belegt die hohe Zahl an Patentanmeldungen und wissenschaftlichen Ver?ffentlichungen. Geht es hingegen um digitale Infrastrukturen, sehen die Zahlen weniger rosig aus: Bei der ITK-Durchdringung landet Deutschland auf Rang 36, hinter den baltischen und skandinavischen L?ndern, einigen Golfstaaten, China und Russland. Bei der Bereitstellung von mobilem Breitband schafft es die gr??te europ?ische Volkswirtschaft nur auf Platz 58. Und bei der Zahl der Glasfaseranschlüsse pro 100 Einwohner taucht Deutschland gar erst auf Platz 72 auf.
Schnelles Internet findet sich hierzulande nur in wenigen Ballungszentren. Viele Haushalte und Regionen sind unzureichend versorgt. Der von Politik und Wirtschaft vielfach beschworene Breitbandausbau verl?uft nur schleppend. Eine weitere Folge: Beim j?hrlichen Digitalranking der Europ?ischen Kommission liegt Deutschland nur auf Platz zw?lf. Finnland, Schweden und die Niederlande sind digital deutlich besser aufgestellt und liegen mit gro?em Abstand vorn. Auch das Digitalranking von IMD sieht Deutschland nur im Mittelfeld.
Besserung ist zumindest in Sicht, denn Politik, Privatwirtschaft, Bund, St?dte und Kommunen wollen Deutschland gemeinsam zum digitalen Vorreiter entwickeln und damit die Wettbewerbsf?higkeit steigern. Ein erster Schritt: St?rkung der hiesigen Netzinfrastruktur – durch den Ausbau des Glasfasernetzes und den Einstieg in den neuen Mobilfunkstandard 5G. Nach der durch die Bundesnetzagentur im Juni 2019 geht es jetzt darum, schnell eine fl?chendeckende Versorgung sicherzustellen. Mit im Boot: die gro?en Netzbetreiber 1&1, Telefónica O2, Telekom und Vodafone sowie Netzausrüster wie Huawei.
Deutschland als ?Leitmarkt für 5G“?
Mitte Oktober 2019 ver?ffentlichte die Bundesnetzagentur einen Leitfaden für den Bau und Betrieb von 5G-Netzen – ein erster wichtiger Schritt, dem noch viele weitere folgen werden. ?Die Bundesregierung muss jetzt Gas geben, damit Deutschland wird“, sagt Dieter Kempf, Pr?sident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). ?Unser 5G-Netz muss cyberresilient sein. Deshalb müssen vom Hersteller von Hard- und Software-Produkten bis zum Betreiber alle an einem Strang ziehen.“
?Die Bundesregierung muss jetzt Gas geben, damit Deutschland echter Leitmarkt und Leitanbieter für 5G wird.“ – BDI-Pr?sident Dieter Kempf
Ein konsequenter Breitbandausbau ist hierzulande zwingend notwendig. Denn die Vorteile der Digitalisierung lassen sich mit schnellen übertragungsraten am besten ausspielen. Ein Beispiel: Beim autonomen Fahren sorgen kürzeste Latenzzeiten dafür, dass der Verkehr reibungsfrei rollt und jeder unfallfrei ans Ziel kommt.
KI-Strategie für den Standort Deutschland
Schnelle Netze sind auch ein wichtiger Faktor, um das gro?e Potenzial von Künstlicher Intelligenz und deren Spielarten wie Data Mining oder Deep Learning zu heben. Die hohe Bedeutung hat die Bundesregierung erkannt und eine eigene erarbeitet. Rund drei Milliarden Euro sind bis zum Jahr 2025 für die KI-Forschung reserviert.
Allerdings muss dann auch tats?chlich jemand da sein, der forscht – ein weiterer Knackpunkt. Daher fordert der aktuelle WEF-Report sowohl für den Arbeitsmarkt als auch für die Bildungspolitik nachhaltige Entwicklungen statt kurzsichtigem Aktionismus. Derzeit k?nnen beide Bereiche in den meisten L?ndern, auch in einigen der gr??ten und innovativsten Volkswirtschaften, nicht mit dem Innovationstempo Schritt halten. In Deutschland spiegelt sich dies im langj?hrigen ITK-Fachkr?ftemangel wider. Eine Umfrage des Statistischen Bundesamts zur Besetzung freier Stellen für IT-Fachleute in Unternehmen ermittelte: Rund 64 Prozent aller Befragten hatten im Jahr 2018 Schwierigkeiten, freie Stellen für IT-Fachkr?fte zu besetzen.
?Weltweit sind die Regierungen gefordert, sich für die Zukunft zu rüsten“, hei?t es im WEF-Report. ?Sie sollten die Folgen der technologischen Integration besser antizipieren und erg?nzende Sozialpolitiken umsetzen, um die Bev?lkerung auf die Digitalisierung und die vierte industrielle Revolution vorzubereiten.“ Gelingt dies, dann sollte es schon in kurzer Zeit wieder mit einer steileren Wachstumskurve klappen.